Dieses Mal geht es darum, Usability und UX erfolgreich in Organisationen zu integrieren und nutzerzentrierte digitale Produkte zu entwickeln. Darüber sprechen Host Sarah Stock,Janina Kouvaris, die Geschäftsführerin des Vereins Usability in Germany, UX-Design StrateginDoro Sthamer und Prof. Dr. Alexander Mädche, Professor für Wirtschaftsinformatik und Mensch Computer Interaktion am Karlsruher Institut für Technologie in dieser Folge. Außerdem geht es umkonkrete Tipps für Unternehmen und wie der Verein UIG e.V. Unternehmen dabei unterstützt, Usability von Anfang an in Projekte zu integrieren.
💡 Wichtige Links, die in der Folge genannt werden:
Herausforderungen und Strategien für den Mittelstand: Obwohl Studien belegen, dass Nutzerzentrierung den Erfolg steigert, bleibt das Thema im deutschen Mittelstand unterrepräsentiert. Hindernisse sind fehlendes Wissen, unzureichendes Budget und mangelnde Unterstützung auf C-Level-Ebene. Der Verein Usability in Germany unterstützt Unternehmen dabei, Prozesse für nutzerzentrierte Produktentwicklung zu etablieren.
Der Weg zu erfolgreichen digitalen Produkten: Nutzerzentrierung erfordert iterative Prozesse, von der Zielgruppenanalyse und Customer Journeys bis hin zu Prototypen- und Usability-Tests. Besonders wichtig sind hierbei auch Aspekte wie Barrierefreiheit und positive Nutzererlebnisse. Langfristig zahlt sich das Investment in Nutzerzentrierung durch bessere Produkte und eine stärkere Wettbewerbsfähigkeit aus.
Zertifizierung und Vernetzung: Das „Nutzerzentriert entwickelt“-Siegel bietet Unternehmen nicht nur externe Anerkennung, sondern auch wertvolle interne Handlungsempfehlungen. Der Verein fungiert als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Fachkräften, um das Thema nachhaltig zu fördern.
[00:00:02.810] – Sarah
Willkommen zu dieser Folge unseres Digital Impact Podcasts. Ich bin Sarah Stock Marketing-Strategien bei den netzstrategen. Heute geht es um Usability in Germany. Ein Verein, der Unternehmen dabei unterstützt, Usability und User Experience erfolgreich in ihre Organisation zu integrieren und nutzerzentrierte digitale Produkte zu entwickeln. Dafür durfte ich mit Janina Kouvaris, Geschäftsführerin des Vereins Usability in Germany, meiner Kollegin und UX-Design-Strategin Doro Sthamer und Alexander Mädche, Professor für Wirtschaftsinformatik und Mensch und Computer Interaktion am Karlsruher Institut für Technologie sprechen. Diese Folge wurde am 25. Juni 2024 aufgenommen. Alles Wichtige, was erwähnt wurde, haben wir in den Shownotes verlinkt. Es geht los mit Janina, die sich selbst und die UIG einmal kurz vorstellt.
[00:00:54.770] – Janina
Also mein Name ist Janina Kouvaris. Ich bin Geschäftsführerin vom UIG. Bin beim UIG jetzt seit 2020 und zusammengekommen mit den netzstrategen sind wir über den André, den wir angefragt haben, als Keynote Speaker für die Tagung. Und dann sind wir eben auf die Idee gekommen, wir sind Nachbarn und wir müssten uns dringend mal näher auseinandersetzen miteinander, weil es einfach thematisch sehr gut passt. UIG steht für Usability and User Experience in Germany. Das ist ein gemeinnütziger Verein. Den gibt es jetzt seit elf Jahren. Der ist aus dem wissenschaftlichen Kontext kann man sagen heraus entstanden. Und ein Gründungsmitglied war eben auch Professor Mädche, der heute hier mit uns dabei ist. Es ging damals darum, dass man ein Usability Management Konzept für den Mittelstand entwickeln wollte. Und im Rahmen der Verwertungsstrategie hat man den Verein dann gegründet und in der Folgezeit nach und nach immer weiter Mitgliedervorteile auch herausgearbeitet, um den einzelnen Mitgliedern Unterstützungsleistungen anbieten zu können in Hinsicht auf Nutzerzentrierung. Das heißt, wir unterstützen mittelständische Unternehmen und Start ups in Deutschland dabei, wie sie die Themen Usability, User Experience, Nutzerzentrierung im Allgemeinen noch stärker in ihre Produktentwicklung integrieren können.
[00:02:24.030] – Alexander
Mein Name ist schon gefallen, Alexander Mädche. Ich bin Professor für Wirtschaftsinformatik und Mensch Computer Interaktion am Karlsruher Institut für Technologie. Und ich bin tatsächlich eines der Gründungsmitglieder vom UIG. Und es geht noch weiter zurück. Das kennst du gar nicht die ganze Geschichte. Nein. Von 2010 haben wir im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums damals untersucht, was macht eigentlich Gebrauchstauglichkeit mit Firmen und deren Erfolg oder Nichterfolg? Und wir haben da rausgefunden erstmal die gute Nachricht, wenn man in Nutzerzentrierung investiert, dann ist man erfolgreicher. Die schlechte Nachricht, leider tun es viele noch nicht bzw. insbesondere im deutschen Mittelstand ist das Thema noch nicht so weit angekommen. Und das war auch der Aufhänger dann mit dem Kompetenzzentrum zu starten, den Verein zu gründen und eine Plattform zu schaffen, um eben Transfer von Wissen, aber auch von Netzwerken zu realisieren, um Leute zu befähigen, dieses Thema erfolgreich in ihre Organisation zu bringen und damit eben nutzerzentrierte Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Und ich mache das so als Hobby, weil eigentlich ist ja mein Job Forschung und Lehre. Aber wir betonen auch das Thema Innovation und Transfer. Das heißt, wenn wir neue Forschungsergebnisse haben, bringen wir die auch gern über den UIG sozusagen in die Wirtschaft, zu den Unternehmen. Und deswegen liegt mir das schon sehr am Herzen, dass wir mit dem Thema auch vorankommen.
[00:03:49.900] – Doro
Ja, mein Name ist Doro Sthamer. Ich bin seit gut acht Jahren jetzt bei den netzstrategen als UX-Consultant und Designer tätig. Mittlerweile koordiniere ich auch das Design Team. Wir sind in dem Bereich jetzt auch gewachsen und erfreulicherweise mehrere Teammitglieder. Und ja, ich beschäftige mich natürlich auch mit dem Thema Usability, Usability Testing. Ich habe das Thema auch gut vorangetrieben bei uns jetzt in den letzten Jahren nämlich auch da kommen wir irgendwo her und stehen jetzt irgendwo. Stehen ganz gut, sehr gut da.
[00:04:28.010] – Sarah
Ich fand die Aussage gerade krass zu sagen wenn sich der Mittelstand mit Nutzerzentriertheit auseinandersetzt, dann ist er auch erfolgreicher. Wie ist denn der Weg zu dieser Feststellung?
[00:04:40.280] – Alexander
Na ja, gut, es war damals, 2010, eine empirische Studie, wo wir ganz viele Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen befragt haben, welche Praktiken sie bereits einsetzen. Also ist das Thema zum Beispiel budgetiert? Gibt es Ziele? Gibt es Menschen, die die Kompetenz haben? Und gibt es dann auch einen Prozess und Methoden, die angewendet werden? Und man konnte dann eben sehen, dass die Firmen, die das tun, also basierend auf den Fragebögen natürlich, auch sich das dann niederschlägt in den Umsatzzahlen. Das heißt, es gibt eine Korrelation, die wir auch dann großteilig sozusagen erkennen konnten. Und das war Evidenz dafür, dass es sich lohnt, in das Thema zu investieren. Und natürlich ist in den letzten 15 Jahren viel passiert, weil natürlich viel mehr Firmen es erkannt haben. Aber es gibt leider immer noch ein Gap zwischen dem, was man vielleicht sagt, zu tun oder was man dann wirklich tut. Und genau da gehen wir eben rein mit dem UIG und bieten da sehr konkrete Angebote, um eben Firmen auf diesem Weg zum Nutzen der Unternehmen zu begleiten.
[00:05:51.140] – Sarah
Was begegnen euch denn da für für Widerstände oder auch vielleicht fehlendes Wissen in der Arbeit mit Kundinnen?
[00:06:00.440] – Janina
Also, kann ich gerne ein paar Punkte zu sagen, was immer noch auch im Jahr 2024 oft als Eindruck kommt, wenn man von UX Design spricht, ist das Thema: das ist so ein bisschen „Klickibunti“ machen. Ich kann das nicht mehr hören, aber es ist leider immer noch so dieses ach, wir machen den Button ein bisschen hübsch, aber es ist halt nicht UX Design, das ist ja was anderes. Genau das wird damit immer noch verwechselt. Also es gibt tatsächlich immer noch Probleme bei den Begrifflichkeiten. Da haben wir jetzt auch angefangen, noch mal ein Glossar aufzusetzen, um einfach da noch mal ein bisschen Grundlagenarbeit zu leisten. Dann ist das Problem auch immer noch, dass dafür oft nicht genug Budget allokiert ist im Unternehmen. Ein weiteres Problem, was ich immer wieder höre, wenn ich mit den UX-Designern spreche, ist das sich ein UX-Designer sich gegenüber Dutzenden Entwicklern gegenüberstehen sieht und da seine Themen nicht unterbringen kann und da auch gegenüber dem C-Level dann teilweise sehr zu kämpfen hat. Also ich – meine Meinung jetzt nach so vielen Gesprächen ist einfach das steht und fällt das Thema einfach mit der Meinung, die das C-Level vom UX-Design hat. Und damit ist auch der Erfolg verknüpft.
[00:07:18.600] – Sarah
Und habt ihr in der Praxis da schon, ich sag mal Erfolge erzielen können, dass man C-level überzeugen kann?
[00:07:26.460] – Alexander
Ja, das ist die Frage, wie man überzeugend misst. Aber natürlich durften wir beobachten, wie Firmen sich über die Zeit verändern. Und es gab Beispiele, wo man reingegangen ist in so eine Firma und es am Anfang so als na ja, ist halt so ein Thema, was man auch macht. Und man dann aber über die Zeit gemerkt hat, dieses Thema ist differenzierend für uns als Firma oder unsere Wettbewerber machen es viel besser als wir. Das funktioniert auch immer ganz gut bei Geschäftsführern, wenn man ihnen so vorhält: Guckt mal, was der Wettbewerb macht. Und leider muss man auch sagen, ist der insbesondere US-Amerikanische Wettbewerb da meistens einfach besser, weil die das doch noch mehr auf dem Radar haben oder auch schon früher auf dem Radar hatten. Also da das Bild sozusagen vorzuspielen und zu zeigen, was andere tun, führt dann zu einem Veränderungsprozess. Und das Problem ist ein bisschen, dass Nutzerzentrierung nichts ist, was man über Nacht so anschaltet, sondern das ist natürlich ein Kulturprozess, wo eigentlich auch im Kopf von ganz vielen sich was ändern muss, weil es geht ja wirklich so um die Frage: Was ist uns eigentlich wichtig und wie priorisieren wir und wie entscheiden wir Dinge im Entwicklungsprozess? Und das bedingt natürlich nicht nur, dass der Geschäftsführer sagt, das ist wichtig, sondern natürlich auch die anderen Akteure. Und also da kann ich, glaube ich, in der Beobachtung schon sehen, dass die Firmen unterschiedlich schnell auch das muss man sagen, je nachdem, was sie halt auch für eine für ein Setup haben, sich in diese Richtung erfolgreich entwickelt haben und dann auch entsprechende Produkte auf den Markt gebracht haben.
[00:08:57.460] – Sarah
Ich würde gern tiefer eintauchen in das Thema Nutzerzentriertheit oder nutzerzentriert arbeiten. Was genau heißt es denn für ein Unternehmen, das sich das vornimmt und dann umsetzen möchte? Weil meine Beobachtung oft ist auch, dass man denkt, ich bin ja selbst Nutzer, also weiß ich ja, was meine Kund:innen wollen und wie die auf meiner Webseite unterwegs sind. Und erst wenn dann ein großes Problem auftaucht, Zahlen, einbrechen, Sachen nicht verkauft werden, dann schaut man sich so Themen an. Also, was genau ist es denn?
[00:09:30.460] – Doro
Also bei uns netzstrategen haben wir mittlerweile einen sehr klaren Prozess quasi festgelegt, der schon bei einem neuen Projekt, also sei es jetzt Relaunch Projekt oder wir wir kreieren ein neues digitales Produkt. Dann beginnt quasi die Nutzerzentrierung schon in diesem Strategieprozess. Denn wir fragen uns zuerst mal: Wer sind denn unsere Zielgruppen? Also für wen machen wir das? Und was sind deren Bedürfnisse? Natürlich muss man das allein mit dem Unternehmensziel, also Unternehmensziel und Nutzerziele. Aber das ist im Grunde schon von Anfang an mit dabei und dann für die Personas, die daraus entwickelt werden, kreieren wir Customer Journeys, um zu schauen, wie bewegen sich denn die Nutzergruppen in Ihrer Journey. Wo kommen die her? Was sind in den jeweiligen Phasen die Bedürfnisse? Und dann tauchen wir immer tiefer ein. Also wenn es dann um die Website geht, dann eben zu gucken, okay, was sind die Anforderungen konkret auf der Website? Wo steigen die ein? Mit welchen Bedürfnissen? Und da beginnt dann das Requirements Engineering, wie man das nennt, also dass man wirklich guckt aus den Nutzerbedürfnissen, welche Maßnahmen können wir daraus stricken? Das kann dann eine bestimmte Seite sein, eine Komponente, ein Feature. Aber es ist eigentlich immer zugeordnet zu einer Persona und zu einer User Story oder so. Insofern können wir gar nicht in dem Prozess was anderes machen, außer nutzerzentriert uns zu verhalten. Und wenn es dann in die Entwicklung geht, also dann geht es irgendwann in die Konzeption. Das liegt dann bei uns UX-Designern. Da arbeiten wir natürlich mit diesem ganzen Wissen, was wir uns erarbeitet haben. Und auch erfreulicherweise in der Entwicklung sind wir da so eng verstrickt, dass das bei uns sehr gut funktioniert. Und im Nachgang ist es dann eben so, wenn wir ein komplexeres Feature entwickeln, dass wir dann eben mit Usability Tests wirklich auch verproben: Verhalten sich die Nutzer so wie wir es vermuten? Funktioniert das und wo treten Probleme auf? Wo muss man es noch optimieren? Und das möglichst iterativ. Das hängt natürlich auch sehr vom Kunden ab und von Budgets und so was.
[00:11:47.060] – Janina
Bei unserem Siegel zum Beispiel haben wir genau diesen Prozess, also die Frage, was ist Nutzerzentrierung, in vier Schritte eingeteilt. Das Organisieren, verstehen, gestalten, bewerten. Und das ist so ein Shortcut. So, wo man einfach relativ schnell dann verstehen kann, wie umfassend das ist. Also es fängt vor dem digitalen Produkt an und es hört danach erst auf, wenn es schon fertig gestaltet ist. Und es gibt unendlich viele Iterationen, bis das Produkt einfach wirklich gut nutzerzentriert dasteht.
[00:12:16.890] – Alexander
Das ist wie aus dem Lehrbuch. Genauso bringen wir es auch den Studierenden bei. Und das ist natürlich, das sollte man nicht vergessen, aufwändig. Also um auf Nutzende zuzugreifen oder potenziell Nutzende, brauche ich ja diese Menschen. Und das ist ja nicht so, dass die Leute darauf warten, jetzt an einem Usabilitytest teilzunehmen oder ein Interview zu machen. Und das ist eben eine Frage der Priorisierung. Wie geht man das an, wie plant man das, wie organisiert man diesen Prozess? Und genau da beginnt halt diese Veränderung in Unternehmen. Dass es nicht primär darum geht, irgendwas zu programmieren, was halt irgendwie technisch funktioniert, sondern eben vom Nutzenden zu denken und das dann zu übersetzen in eine technische Lösung, die Probleme zu verstehen, die Bedürfnisse positiv formuliert. Und ich glaube schon, dass das viele Firmen vor Herausforderungen stellt, diesen Prozess systematisch umzusetzen. Und deswegen ist es halt nicht nur eine Menge von Methoden, die man irgendwie hinknallt und ein paar Tools, sondern das ist wirklich eine Arbeitsweise bis hin, wie ich schon sagte, eine Mentalität, die man braucht. Und ich glaube, es zahlt sich aus, weil klar, wenn ich Software entwickle, die nicht nutzerzentriert ist, dann ist sie nicht nutzbar und nicht nützlich. Und wenn sie nicht nutzbar und nicht nützlich ist, das kennen wir alle, dann nutzen wir es auch nicht. Warum sollten wir etwas nutzen, was nicht nutzbar und nicht nützlich ist? Eigentlich trivial, gibt es ganz viel Forschung zu, die das auch sozusagen empirisch bestätigt. Und trotzdem gibt es immer noch beliebig viele Anwendungen, die nur bedingt nutzbar und nur bedingt nützlich sind. Und genau da spielt eben Nutzen die zentrale Rolle.
[00:13:53.560] – Doro
Ja, genau. Und ich meine, wir machen ja jetzt keine klassische Softwareentwicklung bei den netzstrategen, sondern haben in der Regel umfangreiche Website Projekte, vornehmlich aus dem B2B-Bereich. Also nicht nur, aber auch. Und was du gerade sagtest, dass es teilweise wirklich aufwendig ist, die wirkliche Testpersonen oder Testteilnehmer zu bekommen, für so einen Test. Das ist natürlich manchmal aufwendig. Wir hatten auch, ja, wir haben dann Fälle, wo die die Berufsgruppen so spezifisch sind, dass wir das überhaupt gar nicht – also du kannst nicht irgendwelche Leute nehmen, sondern du brauchst wirklich Menschen aus diesen Berufsgruppen, die das dann testen. Das haben wir aber ja mehrfach jetzt schon umfangreich gemacht und die Ergebnisse sind dann halt schon immer so wertvoll, dass man dann eben auch den Kunden oder Kundinnen zeigen kann: Hey, das war es absolut wert und wir können dahingehend jetzt optimieren. Aber ja, ist schon ein Aufwand. Also je nachdem, wenn die Nutzergruppen natürlich nicht so spezifisch sind, dann kann man ja auch einen Remote Test machen und sagen ich mache mal einen schnellen Test zwischendurch. Das gibt es ja auch. Aber je nach Anwendung eben.
[00:15:02.950] – Sarah
Wenn wir jetzt jemanden überzeugt haben, ich muss mich damit mal auseinandersetzen. Nutzerzentriert zu arbeiten, dass in meinem Unternehmen auch zu verankern, was kann man dann machen? Was passiert dann in der Praxis? Wenn ich dann zum Beispiel auf den Verein zugehe oder mich prüfen lasse oder wenn ich mit den netzstrategen dann anfange zu arbeiten und die das Thema einmal bei mir analysieren und angehen. Wie läuft das ab, Was kann das beinhalten?
[00:15:27.430] – Janina
Das Siegel ist ja ein Prozesssiegel. Das heißt, wir gucken uns tatsächlich nicht das Produkt als solches an, sondern wir gucken uns – bzw. Die Auditoren, gucken sich den Prozess an, der dahinter liegt, hinter der Entwicklung von dem Produkt. Und da wird natürlich auch geschaut, ob Usability Testing ein Teil davon war. Also wir orientieren uns da auch an den HCD-Prinzipien und integrieren die in den Prozess von dem Audit. Weil das einfach ein ganz wichtiger Teil ist. Und für das Testing würde ich jetzt einfach weitergeben.
[00:15:58.520] – Doro
Genau. Also du hattest ja mehrere Fragen gestellt. Also wenn man jetzt mal guckt, wenn jemand zu uns kommt mit einem, mit einem fertigen Produkt, dann analysieren wir auch erst mal ganz viel. Dann werden irgendwie – das Tracking wird – also die Daten werden analysiert. Es gibt oft ein UX-Audit, wo also quasi ein Experte oder eine Expertin dann drauf schaut und schon mal so die gröbsten vermutlichen Pain Points findet. SEO-Audits, all sowas gucken wir uns an und dann, dass wir erst mal den IST-Stand haben. Und im nächsten Schritt gucken wir natürlich dann auch wer sind die? Was ich eben beschrieben habe. Wer sind die Zielgruppen? Was brauchen die? Wie kann man dahingehend optimieren? Also das wäre so der Einstieg jetzt. Also entweder kommt man ja mit einer neuen Idee, einem neuen Produkt. Da fängt man eben dann mit der mit der Erstellung der Zielgruppen an oder man kommt mit einem bestehenden, was man gegebenenfalls optimieren kann. Manchmal kommt es auch dann dazu, dass man sagt wir optimieren nicht mehr, sondern wir machen neu, nach der Analyse, je nach Projekt. Genau. Und das Usability Testing läuft so ab, dass man in der Regel so einen Teilbereich eines Produkts festlegt. Zum Beispiel ich sag jetzt mal ein Produktfinder auf einer Webseite und dann werden bestimmte Szenarien beschrieben. Also stellen Sie sich vor, Sie haben folgende Aufgabe zu lösen. Oder Sie sind in folgender Situation und müssen zu dem Ergebnis kommen. Es werden verschiedene Aufgaben beschrieben in einem Testskript. Natürlich wird auch das Ziel des Tests usw. definiert. Und dann werden Test Teilnehmende rekrutiert, was entweder ganz leicht ist, weil man keine spezifischen Gruppen hat oder eben aufwendig, da man sie finden muss. Und dann werden eben diese Tests durchlaufen. Und während die Testteilnehmer diese Aufgaben lösen, werden sie beobachtet und es wird aufgenommen, wie sie zum Beispiel, wenn es eine Website ist, die Maus bewegen und was sie sprechen. Das heißt, sie werden angehalten, laut zu denken, während sie diese Aufgabe lösen. Und ja, das ist im Prinzip der Prozess. In der Regel sind es so 20-minütige Aufnahmen, also muss man auch nicht ewig, ewig lange Tests machen und die werden dann im Nachhinein ausgewertet und eben geschaut, wie häufig treten bestimmte Sachen auf und in der Regel gibt es noch ein Interview danach, dass man noch mal bestimmte Fragen stellt oder die Möglichkeit hat, noch mehr über die Nutzer, die Nutzenden herauszufinden.
[00:18:38.050] – Sarah
Und diese Testpersonen, die kennen das Produkt oder die Seite vorher noch gar nicht und sind da komplett unvoreingenommen?
[00:18:46.390] – Doro
Das kommt drauf an, also wenn man jetzt ein neues Feature auf einer Seite quasi testen möchte und das ist irgendwie eine Seite, dass vielleicht nur vier oder fünf Konkurrenten in Deutschland hat. Dann ist es oft so, dass die Leute das vielleicht schon kennen, aber das macht nicht um – also ist nicht unbedingt hinderlich. Also teils, teils.
[00:19:07.360] – Sarah
Also quasi der ungefilterte Blick, einmal.
[00:19:10.690] – Doro
Der Blick der Nutzenden, die es wirklich nutzen. Und wenn das eben so ein Fachwissen, wenn es so spezifische Themen sind, dann ist es halt auch super interessant zu sehen, wie die zum Beispiel etwas suchen. Ja, das kann man so als Gestalter oder Designer gar nicht wissen. Insofern ist es absolut notwendig, so was dann eben zu machen.
[00:19:30.010] – Alexander
Und vielleicht ergänzend dazu. Es ist brandgefährlich, wenn Entwickler ihre Software testen, die sie selber entwickelt haben. Natürlich kenne ich die Software, die ich entwickelt habe und ich weiß auch, wie es geht, weil ich habe es ja entwickelt und das ist schon so ein Aha-Moment, das haben wir auch schon mal gemacht, dass wir bei den Usability Tests Entwickler dazugesetzt haben und gesagt haben: Guckt euch mal an, wie Menschen Nutzer das wirklich nutzen, was ihr da gemacht habt. Und dann war auf einmal so eine Art Aha-Moment, Wow, ist doch ganz anders, als ich es mir überlegt habe. Und das führt natürlich dann zu einer Verhaltensänderung im Sinne von Vielleicht ist es doch wertvoller, solche Tests zu machen und vielleicht darauf zu warten, weil am Ende nimmt es ja Tempo raus. In der Entwicklung ist es wie so naja, jetzt habe ich es fertig entwickelt, jetzt muss ich noch diesen Usabilitytest machen, bevor ich es dann endlich auf den Markt bringen kann. Aber wenn ich merke, dass da was gewaltig schief läuft, dann lohnt es sich vielleicht noch mal eine Iteration zu drehen. Also dieser Realitätscheck, der ist halt viel wert, weil ich kann natürlich das Produkt launchen und dann merken, dass die Leute einen Failure haben. Aber das kann auch dazu führen, dass die Leute nie wiederkommen, weil wir alle wissen, wie Nutzer sozusagen vielleicht nachtragend sind oder zu Recht auch enttäuscht. Und manchmal sollte man sich das vielleicht nicht leisten, einfach einen Launch zu machen, weil das ziemlich gefährlich sein kann.
[00:20:47.600] – Doro
Wir testen auch oft schon in Prototypen. Also wenn es irgendwelche Features sind, also bevor der ganze Aufwand gemacht wird, das zu entwickeln, das man eben – macht es absolut Sinn, dass man vorher guckt. Haben wir irgendwelche groben Fehler gemacht oder wird irgendwas nicht verstanden, dass man eben dann vorher noch mal eine Iteration dreht, im Konzept im Grunde.
[00:21:07.410] – Alexander
Also ich erklär das den Studenten immer so: Architekten würden ja auch nicht ein Haus bauen und dann die Leute reinbringen und sagen, so sind die Wände jetzt gut oder sollen wir noch mal alles einreißen und es noch mal neu bauen? Nein, man macht natürlich Modelle erst mal ganz abstrakt und immer konkreter. Und es gibt keinen Grund, weshalb die Softwareentwicklung oder die Anwendung, die Entwicklung digitaler Produkte komplett anders laufen sollte als das, was man schon seit Jahrhunderten im Hausbau zum Beispiel macht. Aber irgendwie ist da doch noch ein Gap. Nee, aber ich glaube eigentlich, wenn man das so an plakativen Beispielen erläutert, wird es ziemlich schnell klar, dass es natürlich Aufwand generiert, eine Software zu bauen, um dann zu merken, die tut ja gar nicht das, was die Nutzer wollen. Warum soll ich sie dann bauen? Naja, ich müsste natürlich möglichst früh rausfinden, was die wirklich wollen und da brauche ich Prototypen. Oder ich brauche halt eine Iteration.
[00:21:59.330] – Doro
Ja, und ich glaube, früher, also vor weiß ich nicht, zehn, 15 oder vielleicht noch mehr Jahren war das ja auch so, dass man eher – man hat ja das gebaut, was möglich war. Dann war technisch auf einmal das möglich und das und dann war man irgendwie so technikgetrieben und hat aber also quasi die Nutzersicht noch gar nicht so irgendwie auf dem Zettel gehabt, bis man irgendwann festgestellt hat, dass das dann doch wichtig ist und auch wettbewerbsfähig macht.
[00:22:24.500] – Alexander
Und vielleicht kann ich einen Punkt noch ergänzen mit der Nutzerzentrierung. Wir haben ja jetzt relativ viel über Usability oder auf Deutsch Gebrauchstauglichkeit gesprochen. Es gibt ja noch andere Begriffe, die da rumschwirren als die User Experience, die Nutzererlebnisse oder jetzt auch verstärkt Barrierefreiheit, weil Barrierefreiheit ist ja eigentlich eine notwendige Bedingung, um etwas gebrauchstauglich zu machen oder gar positive Nutzererlebnisse zu schaffen. Und dann geht es ja irgendwann auch noch in die Frage: Wie viel positive Nutzererlebnisse will ich eigentlich schaffen? Will ich Menschen süchtig machen mit einem digitalen Design, dass sie dann eine Übernutzung haben? Also die Nutzerzentrierung ist mehr als Usability. Das ist mir sehr wichtig. Und da passieren auch ganz viele Dinge jetzt mit KI, wo es dann auch um Fragen der Fairness zum Beispiel geht. All das können wir nur sicherstellen, wenn wir Menschen involvieren in den Entwicklungsprozess, weil am Ende sollte ja der Mensch entscheiden, ob das, was da passiert, okay ist oder nicht. Und da haben wir noch viel vor. Also wir sind nicht erledigt oder wir sind nicht fertig. Und deswegen ist der Begriff Nutzerzentrierung eigentlich besser als Usability, weil Usability ist ja sehr wohl definiert, viel besser definiert als User Experience. Und Barrierefreiheit ist auch recht konkret definiert. Aber wir müssen da schon ein bisschen gucken, dass wir die Gesamtheit irgendwie im Blick behalten und auch offen sind für das, was da so alles passiert gerade. Und es passiert sehr viel.
[00:23:46.440] – Doro
Ja, Usability ist ja nur ein Bausteinchen der User Experience.
[00:23:49.630] – Alexander
Im Grunde ja, aber trotzdem, alle reden über User Experience und ich frage dann oft: Habt ihr jetzt überhaupt mal die Usability unter Kontrolle? Weil wenn ich halt wunderhübsche Designs habe und alles mögliche mit Herzchen und so ist ja schön, aber am Ende ist ja auch die Frage kann ich meinen Task vernünftig, effizient, effektiv und zufriedenstellend durchführen? Und wenn ich das nicht kann, dann helfen mir auch nicht irgendwelche Emojis. Also mal ganz platt gesprochen ist es halt auch mal so eine Art notwendige Bedingung. Und noch früher ist eigentlich die Barrierefreiheit. Weil wenn ich nicht zugreifen kann, weil das Interface eben nicht respektiert, dass ich vielleicht eine Einschränkung habe, dann habe ich halt verloren. Und das ist irgendwie nicht okay. Also deswegen muss man sich schon überlegen, wie man diese ganze Dramaturgie so aufbaut aufeinander und auch ein bisschen wieder die Frage was sind die Prioritäten?
[00:24:38.560] – Doro
Also was das Thema Accessibility angeht, beraten wir unsere Kunden auch jetzt schon, also nicht erst seit gestern, weil jetzt, da die gesetzliche Änderung kommt, sondern schon ein paar Jahre, um zu sagen: Also es ist ein wichtiger, wichtiger Punkt. Und klar ist das Argument jetzt dankbar zu sagen jetzt musst du auch wirklich. Aber ja, absolut. Also stimme ich total zu. Es sollte – also es ist eigentlich eine Schande, dass wir da noch so weit weg sind von barrierefreien Internet, oder?
[00:25:10.330] – Alexander
Es gibt ja diese sogenannten Curb-Cut-Effects, die kennt man so aus den Straßen. Also wir Radfahrer kennen das, wenn die Bordsteinkante abgesenkt ist. Eigentlich ist es ja gemacht für Kinderwägen und Rollstuhlfahrer und wenn ich mit dem Fahrrad zügig unterwegs bin und dann ist es gut, nicht über den Bordstein zu fahren. Das mache ich nur einmal. Und das nennt sich auch in dem ganzen Barrierefreiheitsthema Curb-Cut-Effect. Weil es eben so ist, dass man zuerst denkt: Na, die paar Leute mit ihrem Rollstuhl oder mit ihrem Kinderwagen. Aber es sind halt doch noch ein paar mehr, die vielleicht profitieren. Und das ist auch bei der digitalen Barrierefreiheit so, dass, wenn man Dinge vernünftig aufbereitet, dass ganz viele verschiedene Zielgruppen davon profitieren. Weil es gibt halt auch so was wie eine situative Barrierefreiheit. Wenn ich eben zum Beispiel temporär eingeschränkt bin, dann habe ich einen großen Vorteil davon, dass jemand mitgedacht hat sozusagen und nicht nur sozusagen die kleinere Zielgruppe, die vielleicht gar nicht so klein ist, je nachdem, wie man zählt. Also das habe ich über die Jahre jetzt auch verstanden. Ich habe auch ehrlich gesagt früher anders darüber gedacht. Und je mehr man sich damit beschäftigt, desto klarer wird es eigentlich, dass irgendwie das schon alle betrifft. Es geht nicht nur um so ein paar Leute.
[00:26:23.850] – Doro
Spätestens wenn man in ein gewisses Alter kommt und gewisse Sinne ja nicht mehr – man sieht nicht mehr gut oder man hört nicht mehr gut oder man ist auch motorisch nicht mehr so gut mit der Maus und all das spielt da ja auch rein. Ja, genau.
[00:26:38.970] – Sarah
Du hattest gerade die Veränderung von KI angesprochen. Was ist denn da jetzt in deiner Forschung, zum Beispiel? Wie wird das – wie nehmt ihr das da auf?
[00:26:51.350] – Alexander
Wir nehmen das überall auf, in allen möglichen Ecken und Enden. Aber ich gebe mal ein Beispiel, Stichwort Prototyping. Also es ist ja so, dass viele sagen: Boah, Prototypentwicklung ist aufwendig, da machen wir lieber gleich Code und bauen das dann direkt. Und jetzt kann man natürlich dank KI, wenn man weiß, wie man das tut, automatisch Nutzerschnittstellen generieren, indem man das promptet. Also kennen wir alle von ChatGPT für natürliche Sprache und da gucken wir uns zum Beispiel an, wie sehen gute Strategien aus, um schnell Prototypen zu generieren, basierend auf irgendwelchen Anforderungen, User Stories zum Beispiel. Und wie kann man den Menschen, der den Prototyp entwickelt, dabei effizient unterstützen, mit KI als Assistenzfunktion eben zum Beispiel auch Compliance zu einem Design Guidelines zu sein? Im gesamten Prozess der Gestaltung mit KI zu assistieren ist ein großes Forschungsthema. Und da passiert unglaublich viel. Ein anderes Thema ist natürlich: Wie sieht eigentlich Nutzer Interaktion in Zukunft aus? Und da spielt natürlich natürliche Sprache eine größere Rolle, auch dank der großen Sprachmodelle. Wir machen seit acht Jahren Chatbot Forschung und uns hat natürlich auch dieser Large Language Model Hype mit ChatGPT ein bisschen überrascht, ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet. Aber es ist jetzt schon möglich, ganz neue Formen der Interaktion zum Beispiel für die Produktsuche zu realisieren. Das beforschen wir auch wie Leute eben, wenn sie Produkte suchen, mit natürlicher Sprache das tun. Welche anderen Strategien sie anwenden und wie man das so gestaltet, dass auch was Vernünftiges dabei rauskommt. Weil natürliche Sprache muss nicht immer der effizienteste Weg sein, um zum Ziel zu kommen. Und technisch ist es jetzt möglich, mit der KI Dinge zu tun. Aber wie man eine gute Mensch-KI-Interaktion ausgestaltet, ist nicht trivial. Und da eben wieder Usabilitytests zu machen, Menschen mit der KI zu konfrontieren. Zu gucken, wie kooperieren die miteinander? Ist ein spannendes Thema. Und zu guter Letzt gibt es natürlich die übergeordneten ethischen Fragen. Also muss ich Leuten sagen, wenn sie jetzt mit Menschen oder mit Computern interagieren, gibt es so ein Handover? Wie kommuniziere ich diese Interaktion? Also da gibt es tausende von spannenden, offenen Fragen, die wichtig sind. Weil nicht alles, was technologisch machbar ist, muss dann unbedingt gut für den Menschen sein. Also das muss man sich dann auch mal überlegen, wo man vielleicht sagt, jetzt ist mal gut. Oder wir lesen mal doch lieber wieder selber, weil hin und wieder ist Lesen vielleicht gar nicht so schädlich.
[00:29:21.870] – Sarah
Okay, also ich fasse zusammen, um nutzerzentriert zu arbeiten und zu entwickeln, muss man zuerst mal ein größeres Investment machen. Aber langfristig zahlt sich das sehr oft aus. Wir haben vorhin schon gehört-
[00:29:37.080] – Alexander
Ich weiß nicht, ob man gleich so ein riesen Investment machen muss, weil es ist ja die Frage, wo steige ich ein. Wenn ich ein komplett neues Produkt baue und das nutzen und entwickeln will, dann muss ich mir natürlich von Anfang an überlegen, was sind die Zielgruppen, wie mache ich die Nutzerforschung? Ich kann aber auch an Stellen anfangen und Quick Wins erzeugen. Ich kann ja schon auch mit einem gegebenen Produkt mal einen Usabilitytest machen und dann die Top-X requirements, die ich daraus ableite, in die Entwicklung geben und die höher priorisiert als neue Features. Es ist einfach eine Frage der Priorisierung und ich würde nicht sagen, es ist so ein Monster. Ich glaube auch nicht an diesen Monster Change, dass man sagt jetzt stoppen wir alles und machen erstmal drei Jahre lang nutzerzentrierte Softwareentwicklung und dann gibt es das neue super Produkt. So wird niemand funktionieren. Ich glaube, es ist Schritt für Schritt auch ein bisschen eine Frage, wie kriegt man die Leute begeistert von dem Thema? Und die Leute sind dann begeistert, wenn sie den Nutzen von so einem Invest sehen. Und deswegen würde ich mir und das ist natürlich ein bisschen kontextabhängig immer überlegen, was es jetzt am meisten oder am vielversprechendsten in einem konkreten Setting. Wo können wir am meisten rausholen? Und es kann das Prototyping sein. Es kann ein Test sein, es kann aber auch noch mal eine kritische Hinterfragung der Zielgruppen sein. Aber es ist – Auf jeden Fall wird man was investieren müssen und man wird sich damit beschäftigen müssen, weil das ist immer so im Leben. Wenn ich irgendwas verbessern will, dann geht es selten von allein.
[00:31:04.780] – Doro
Ja, und ich denke, es ist auch wichtig, den Schritt zu machen, jetzt bei Unternehmen zu sagen ich hole mir Leute ran, die sich damit auskennen und die dann eben auch diesen Prozess vielleicht nach und nach aufbauen können oder so.
[00:31:19.060] – Alexander
Vielleicht auch noch ein wichtiger Punkt. Ist ja immer die Frage, kleine Unternehmen werden jetzt nicht sagen wir machen jetzt hier eine Abteilung für Nutzerzentrierung auf, sondern die Frage ist, wie bringe ich das Know-how rein? Und da gibt es natürlich ganz viele Dienstleister und das ist auch mit ein großer Auftrag des UIGs zu vernetzen. Also erst mal zu sagen, was gibt es für Dienstleister und was könnten die euch bringen? Weil dann kann man mit denen mal ein kleines Projekt machen, dann bindet man sich nicht gleich so riesig. Und dann ist natürlich schon die Frage, wie baue ich die Expertise im Haus auf? Das kann ich ja kombinieren mit externen Dienstleister. Ich kann auch Leute entwickeln. Also es ist gar nicht so schlecht, wenn jemand zum Beispiel aus dem technischen Umfeld kommt, aber eine Affinität für Nutzerzentrierung hat, sozusagen dann eine Ausbildung drauf zu legen, auch entsprechende Zertifizierungen zu halten, gibt es ja auch viele Angebote. Und dann das Thema sukzessive in der Organisation zu verankern. Und das ist halt ein Prozess, wo wir halt schon auch sagen, das ganz allein zu machen, ist gar nicht so einfach. Und da kommen wir dann mit dem Verein auch mit rein, weil wir halt ein Netzwerk haben. Wir haben die Kontakte, wir haben Firmen, die auch Mitglied sind bei uns, die wir dann sozusagen auch regional vielleicht vernetzen können, mit Firmen, die den Bedarf haben. Und das kulminiert dann halt auch in der besagten Zertifizierung mit dem Siegel, was ja auch ein Auditprozess darstellt. Janina hat es gerade schon so erklärt, dass wir dann einfach sagen naja, also wenn eine Firma viel investiert hat in das Thema und erfolgreich ist, warum das nicht auch nach außen signalisieren mit einem entsprechenden Siegel? Weil wenn ich in das Thema investiert habe, dann ist hoffentlich mein Produkt besser. Aber das sieht man vielleicht nicht sofort, aber so ein Siegel sieht man halt. Und genau da ist eben der UIG dann sozusagen derjenige, der den Weg begleitet, aber auch dann das Siegel vergibt, um dann nach außen zu kommunizieren, dass man was geschafft hat. Geschafft im Sinne von man hat das Audit bestanden und in dem Audit wird halt genau geguckt, Arbeite ich nutzerzentriert, habe ich das sozusagen im Griff. Und auch das ist nichts, was für die gesamte Unternehmung gleich greift. Wir machen das immer auf Produktebene. Das heißt konkret, es kann ja sein, dass ein Produkt schon nutzerzentriert entwickelt ist, das andere aber nicht, weil es vielleicht älter ist oder keine Ahnung für eine Geschichte hat. Und dann würde man natürlich sagen: Guck, ein Produkt ist auditiert, für nutzerzentriert entwickelt. Und das andere vielleicht noch nicht. Aber das ist ja eine Reise, die man gemeinsam gehen kann.
[00:33:46.140] – Janina
Und ich finde, es hat auch immer so zwei Komponenten. Also wenn ich mit Interessenten spreche, die mich dann fragen, was bringt mir das denn so ein Siegel für die Webseite? Dann sage ich naja, es ist nicht nur das Siegel, was ihr euch auf die Webseite macht, sondern die Außenwirkung ist ja quasi nicht nur die Abhebung von den Wettbewerbern und dass ihr das einfach signalisiert, dass ihr nutzerzentriert auf dem Schirm habt. Es ist tatsächlich auch ein Fachkräftemagnet. Also ich hatte tatsächlich schon Anrufe von von jungen Fachkräften, die gesagt haben: Ihr als Verein, ihr macht doch dieses Siegel, habt ihr nicht Unternehmen an der Hand, die das auf dem Schirm haben? Wir wollen nur noch in Unternehmen arbeiten, die dieses Mindset haben. Also es ist noch mal ein ganz anderer Blickwinkel darauf. Und natürlich zusätzlich, wie Alexander eben auch schon erwähnt hat, dieser Blick nach innen. Also ich sage mal, es ist eine relativ schnelle Möglichkeit, um einfach zu schauen, wo stehe ich eigentlich mit meinem Produkt? Also dass der Auditor geht da rein, ein halber Tag, Tag, schaut sich den Prozess an und gibt auch ganz konkrete Handlungsempfehlungen. Und wir haben jetzt auch schon wirklich Wirkungen, auch mitbekommen von Unternehmen, die gesagt haben, da ist wirklich was passiert intern.
[00:34:57.790] – Alexander
Es ist tatsächlich so ein Auditbericht, also der geht ja an den UIG, aber auch an den Geschäftsführer und mich hat dann auch mal einer angeschrieben, also der UX-Leiter, hat gesagt vielen, vielen Dank für diesen Auditbericht. Es war super wichtig für mich, dass jemand von außen meinem Geschäftsführer noch mal gesagt hat, dass wir noch nicht alles erreicht haben, dass es da schon noch Handlungsbedarf gibt und damit auch eine Veränderung wieder angestoßen hat, das Thema zu entsprechend zu priorisieren. Und deswegen machen wir das auch jährlich, weil wir alle wissen, na ja, wenn mal was gut ist, heißt nicht, dass es für immer gut bleibt. Und deswegen ist schon jährlich auch mal zu sagen ja, sind wir noch am Start mit dem ganzen Praktiken und dem ganzen Vorgehen oder ist da vielleicht was verschütt gegangen? Und das ist eben so ein Innen und Außen Wirkungsprinzip, um die Leute kontinuierlich daran zu erinnern, dass sie das Thema auf dem Radar haben. Vielleicht in 15 Jahren brauchen wir das nicht mehr, weil es alle sozusagen automatisch auf dem Radar haben. Aber im Moment habe ich den Eindruck, dass da noch viel Handlungsbedarf ist. Wobei die Reifegrade natürlich unterschiedlich sind. Es gibt Firmen, die das schon ganz toll machen und viele, wo es halt noch ein Weg ist. Ja, ich ich kann wärmstens unsere Webseite empfehlen nutzerzentriert-entwickelt.de. Weil, da ist nicht nur eine Beschreibung, was es mit diesem Siegel und so auf sich hat, sondern es gibt auch ganz konkrete Tools, zum Beispiel ein Benchmark, wo man sich erst mal selber sozusagen ersessen kann. Das dauert auch nur zehn Minuten max. Ne, wo man einfach sich mal fragen kann, wo stehe ich denn eigentlich im Vergleich zu den anderen? Das ist ein kleiner Fragebogen. Und es gibt dann auch Werkzeuge, ein Glossar. Wir bieten auch ein paar Tools an, die unterstützend helfen sollen, erste kleine Schritte zu gehen, ohne das ganz große Rad gleich zu drehen. Weil uns ist auch bewusst, dass natürlich, wenn ich damit anfange, ich nicht gleich nächste Woche dann das Audit mache für das Siegel, sondern es soll ja ein bisschen eine Journey sein. Janina hat das auch erklärt mit diesen Phasen. Wir versuchen, eine möglichst einfache Sprache zu verwenden und weil das auch ein bisschen ein Problem in dieser ganzen Usability, UX-Szene ist, dass viele Begrifflichkeiten herumschwirren und ich glaube viele das einfach nicht verstehen, was das alles bedeutet. Und wir haben es einfach gehalten, das heißt, sich damit zu beschäftigen, mal in das Thema einzutauchen, vielleicht was auszuprobieren, vielleicht auch mal mit dem Dienstleister. Wir haben ja auch da das Netzwerk. In den Dialog zu treten und mal was auszuprobieren ist glaube ich ein toller erster Schritt. Und dann, klar, wenn man das tiefer dann verankert, freuen wir uns natürlich, wenn man dann auch das Siegel sozusagen anstrebt und auch erhält. Da haben wir nichts dagegen. Ganz im Gegenteil, dafür ist es ja da.
[00:37:38.840] – Sarah
Dann bedanke ich mich ganz herzlich für Ihre Zeit und das Wissen, das ihr mitgegeben habt und alles was wir erwähnt haben heute in der Folge könnt ihr in den Shownotes sehen und auch anklicken und nutzen. Und dann, ja, sage ich, vielen, vielen Dank! Der Digital Impact Podcast ist ein Projekt der Digitalberatung netzstrategen GmbH aus Karlsruhe. Er wird vorbereitet und produziert von Sarah Stock. Die Inhalte verantworten die jeweiligen Moderator:innen der Aufnahme. Abonniert gerne unseren Podcast, damit ihr immer mitbekommt, wenn wir neue Folgen veröffentlichen. Und wer noch mehr von uns netzstrategen hören mag, kann unseren Newsletter per Mail oder auf LinkedIn abonnieren. Ihr findet uns über Google oder die Links in den Shownotes. Dort gibt es auch alle vorherigen Folgen zu finden. Und wenn Ihr Feedback oder Themenwünsche für zukünftige Folgen habt, dann schreibt uns gerne Entweder antwortet auf einen Newsletter oder meldet euch über die üblichen Wege. Wir freuen uns darauf, von euch zu hören.
Hör gerne in unsere anderen Episoden mit Digital Impact rein. Diese hier passen gut zum Thema der vorherigen Folge: